Zum Hauptinhalt springen

Aus der Rechtsprechung

Gewerbesteuer I Erweiterte Kürzung des Gewerbeertrages i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG

Mit Urteil v. 19.12.2023 entschied der BFH zur Gewerbesteuerpflicht einer gewerblich geprägten Personengesellschaft i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG und deren Berechtigung zur Inanspruchnahme der erweiterten Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.

Der IV. Senat des BFH stellte zunächst heraus, dass eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, die eine originär gewerbliche Tätigkeit in Gestalt einer – eine Betriebsverpachtung überlagernden – Betriebsaufspaltung ausübt, mit dem Ende der Betriebsaufspaltung als gewerblich geprägte Personengesellschaft weiterhin gem. § 2 Abs. 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegt. Bei einer solchen Gesellschaft steht der Inanspruchnahme der erweiterten Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht entgegen, wenn neben Grundbesitz ein im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht überlassen wird; dieses ist zwar kein Grundbesitz, für Zwecke des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG aber dem Grundbesitz des entsprechenden Wohnungs- oder Teileigentümers zuzuordnen, dessen Inhalt es bestimmt. Auch die Mitvermietung von Wohnungs- bzw. Gebäudebestandteilen, die durch Teilungserklärung oder Gesetz dem gemeinschaftlichen Eigentum zugeordnet sind, ist nicht kürzungsschädlich, weil insoweit ein zwingend notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Überlassung eigenen Grundbesitzes gegeben ist. Schließlich wird die erweiterte Gewerbesteuerkürzung auch nicht durch eine Betriebsverpachtung ausgeschlossen, wenn die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände vermietet werden und es sich hierbei ausschließlich um eigenen (bebauten) Grundbesitz handelt.

Gewerbesteuer | Fortführung des Gewerbeverlusts einer Kapitalgesellschaft nach Einbringung in eine Personengesellschaft

Bringt eine Kapitalgesellschaft ihren vollständigen Betrieb nach § 24 UmwStG in eine Personengesellschaft ein und beschränkt sie sich danach auf das Halten ihrer Mitunternehmerstellung an der aufnehmenden Personengesellschaft, so ist nach dem BFH-Urteil v. 1.2.2024 die Unternehmensidentität gewahrt. Der mit dem Betrieb der Kapitalgesellschaft verbundene Gewerbeverlust nach § 10a GewStG ist dann – bei ebenfalls gegebener Unternehmeridentität – durch die übernehmende Personengesellschaft fortzuführen.

Einkommensteuer I § 6 Abs. 5 EStG ist teilweise verfassungwidrig

Das BVerfG hat mit Beschluss vom 28.11.2023 entschieden, dass § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG, soweit er eine Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften ausschließt, verfassungswidrig ist. Es liegt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes vor.

Grundsteuer I Das FG Rheinland-Pfalz hält das Bundesmodell für verfassungswidrig

Mit den Entscheidungen des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz drangen Steuerpflichtige erstmals vor einem Finanzgericht mit ihren Einwänden gegen die Bewertung nach dem sogenannten Bundesmodell durch (Beschlüsse vom 23.11.2023 – 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23, nicht rechtskräftig). Nach den entsprechenden Regelungen wird die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer, die die Gemeinden ab 2025 erheben werden, wesentlich durch die Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 01.01.2022 bestimmt. 

Grundsteuer I Das FG Sachsen hält das abgewandelte Bundesmodell für verfassungsgemäß

Das Sächsische Finanzgericht in Leipzig hat mit Urteil vom 24. Oktober 2023 die Feststellung der Grundsteuerwerte auf den 1.1.2022 und des Grundsteuermessbetrages auf den 1.1.2025 für rechtmäßig erklärt (Az. 2 K 574/23).

Die Kläger sind Eigentümer eines Einfamilienhauses und wenden sich gegen die Regelungen des neuen Grundsteuergesetzes und der Sächsischen Sondervorschriften. Diese Klage hat der 2. Senat des Sächsischen Finanzgerichts nun nach mündlicher Verhandlung abgewiesen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Kläger können Revision zum Bundesfinanzhof in München einlegen.

Gerichtspräsidentin und Vorsitzende des 2. Senates Martina Gerhardt: "Mit dieser Entscheidung trägt das Gericht dazu bei, für Bürgerinnen und Bürger, aber auch für Finanzämter und Kommunen Rechtssicherheit bei der Anwendung der neuen Vorschriften des Grundsteuergesetzes zu schaffen".

Das Gericht hat in der Entscheidung vom 24. Oktober die Regelungen des neuen Grundsteuergesetzes und auch die Sächsischen Sonderregelungen für rechtmäßig erklärt. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 10. April 2018 (Az. 1 BvL 11/14) dem Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum zur Neuregelung der seit dem 1. Januar 1935 bzw. 1. Januar 1964 geltenden Normen zur Grundsteuer eingeräumt. Dem Gesetzgeber sei es erlaubt, die erforderliche Bewertung des Grundbesitzes möglichst einfach und praktikabel zu gestalten. Hierfür dürfe der Gesetzgeber generalisieren, typisieren und pauschalieren, um auch den Anforderungen eines automatisierten Massenverfahrens zu entsprechen. Grenze des Gestaltungsspielraums sei der Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Das gewählte und ausgestaltete Bemessungssystem müsse eine realitätsgerechte und lastengleiche Besteuerung gewährleisten. Diesen Anforderungen genüge das aktuelle Regelwerk zur Ermittlung der Grundsteuerwerte und des Grundsteuermessbetrages.

Insbesondere sei es rechtmäßig, bei der Berechnung des Ertragswertes einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Immobilie durchschnittliche Nettokaltmieten zugrunde zu legen, ohne alle Eigenheiten des einzelnen Gebäudes zu berücksichtigen.

Der Bodenwert dürfe auf der Grundlage der Feststellungen der örtlichen Gutachterausschüsse bestimmt werden. Es handele sich um eine von den Finanzämtern unabhängige Stelle mit besonderer Sach- und Fachkenntnis der örtlichen Gegebenheiten. Unschädlich sei, dass auch zwei Finanzbeamte Mitglied seien. Der Gesetzgeber dürfe durch einen höheren Umrechnungskoeffizienten der Bodenwerte dem Umstand Rechnung tragen, dass in der Regel die Quadratmeterpreise bei kleineren Grundstücken höher seien.

Die Sächsische Sonderregelung zur Steuermesszahl beabsichtige, Wohnraum zu fördern. Der Freistaat Sachsen verfolge hiermit ein legitimes Ziel des Gemeinwohls und sei berechtigt, solche Zwecke auch durch steuerliche Lenkungsnormen zu erreichen.

Das Gericht ist schließlich dem Einwand entgegen getreten, die endgültige steuerliche Belastung sei derzeit mangels Festlegung der kommunalen Hebesätze nicht vorhersehbar. So sei es auch nach altem Grundsteuerrecht gewesen, da die Gemeinden noch während des jeweiligen Jahres ihre Hebesätze anpassen durften.

Im ersten Fall geht es um die Feststellung des Grundsteuerwerts für ein 1980 erbautes Einfamilienhaus. Das Finanzamt setzte hier den Grundsteuerwert nach dem gesetzlich normierten Mietwert pro Quadratmeter an, obwohl die Grundeigentümerin zuvor geltend gemacht hatte, dass dieser zu hoch sei: Das Haus sei seit Jahrzehnten unrenoviert und noch mit einfachverglasten Fenstern versehen. Der zweite Fall betrifft ein 1977 errichtetes Einfamilienhaus, bei dem die Grundeigentümer einen Abschlag von 30% auf den Bodenrichtwert geltend machten. Sie argumentierten, das Grundstück sei nur eingeschränkt nutzbar, weil es an einem Hang liege und nur durch einen Privatweg erschlossen sei. Die Finanzämter berücksichtigten die Einwände in beiden Fällen nicht.

Das FG zweifelt nach der in Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung an der einfachrechtlichen Rechtmäßigkeit der einzelnen Bescheide und der Verfassungsmäßigkeit der zugrunde liegenden Bewertungsregeln. Einfachrechtlich bezweifelt es, dass die entscheidend in die Bewertung eingeflossenen Bodenrichtwerte rechtmäßig zustande gekommen sind. Das FG stellt infrage, dass die rheinland-pfälzischen Gutachterausschüsse unabhängig sind. Nach der rheinland-pfälzischen Gutachterausschussverordnung sei die Möglichkeit einer Einflussnahme nicht ausgeschlossen. Das FG zweifelt auch daran, dass die Bodenrichtwerte aus einer ausreichenden Datengrundlage ermittelt werden. In den Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse, aus denen die Richtwerte abgeleitet werden, seien erhebliche Datenlücken zu befürchten.

Zudem müsse es Steuerpflichtigen möglich sein, eine Abweichung vom typisierten Grundsteuerwert nachzuweisen. Dies leitet das FG aus einer verfassungskonformen Auslegung des Bewertungsrechts ab. Anderenfalls könnten aufgrund der nahezu vollständig typisierten Besteuerung erhebliche Härten entstehen. Als Nachweis sei auch kein förmliches Sachverständigengutachten zu fordern.

 

Zurück